Das koreanische Universitätssystem

Willkommen zurück auf meinem Blog. 🤗 Bevor ich mich nächste Woche an die Blog-Einträge über meine Wohnung und andere interessante Themen (z.B. Essen!) wage, will ich euch in diesem Blog-Eintrag einen Einblick in die organisatorischen Strukturen koreanischer Universitäten geben.

Ich muss vorher allerdings anmerken, dass dies hier meine persönliche Erfahrung ist und nicht alles notwendigerweise verallgemeinert werden kann! Ich vergleiche die Organisation hier in erster Linie mit dem, was ich von der Leibniz-Uni kenne und einige der Eigenheiten können explizit damit zusammenhängen, dass ich ann der Yonsei University am „College of Engineering“ studiere. Ich vermute, dass die Erfahrungen von bspw. Medizin- oder Theologie-Studenten recht stark abweichen. 😉

 


Semesterablauf

In Korea beginnt das Sommersemester im März und das Wintersemester im September. Dabei gibt es keine Verzögerungen beim Semesterbeginn wie in Deutschland, wo mein nächstes Semester zwar im April anfängt, aber die ersten Vorlesungen erst am 13.04. beginnen. In Korea beginnen die Vorlesungen sofort am erste Wochentag des neuen Semesters.

Die Vorlesungszeit beträgt dann genau 16 Wochen, wobei ich mich durch den Begriff „VORLESUNGSZEIT“ bei meiner Planung stark verwirren lassen habe. Meine Erwartung war hier 16 Wochen Vorlesungen zu haben und dann Klausuren zu schreiben. In Realität sind die 16 Wochen aber schon die gesamte Semesterzeit. Aus den genannten 16 sind die Wochen 9 und 16 für Zwischen- bzw. Abschlussprüfungen reserviert. Danach verbleiben noch ca. 2 Monate bis zum nächsten Semester, die von den koreanischen Studenten für verschiedene Aktivitäten genutzt werden, z.B.:

  • Familien besuchen (viele der koreanischen Studenten kommen nicht direkt aus Seoul)
  • Akademischen Weiterbildungsveranstaltungen der Uni (Academic „Spring / Fall Programs“)
  • Nebenjobs aufnehmen um die Studiengebühren decken zu können

Für mich bedeutet das, dass ich in der Woche vor Weihnachten bereits meine Abschluss-Klausuren schreibe und dann die Zeit vom 21.12.2019 bis zum 12.04.2020 frei habe. 🎈🎉

…Student sein ist schon echt anstrengend…😅👍

 


Kursorganisation

Durch den gegebenen Semesterablauf gibt es also genau 14 Vorlesungswochen. Jeder Kurs findet 3 Stunden die Woche statt (außer natürlich die Intensiv-Sprachkurse), wodurch es also insgesamt 42 Veranstaltungsstunden pro Kurs gibt. Die Professoren haben die Vorgabe, mindestens 70% der Stunden klassische Vorlesungen zu halten. Die restliche Zeit können als Seminare, Übungen oder Projekte organisiert werden.Screenshot_20190919-130032

Mein Kurs „Multicore Programming“ ist zum Beispiel so strukturiert, dass wir die ersten paar Wochen komplett für Vorlesungen nutzen und zum Ende des Semesters werden mehr und mehr Stunden für die Diskussion der Hausaufgaben und die Präsentationen unserer Semester-Projekte genutzt. Die Hausaufgaben sind übrigens 9 Reports, die im Laufe des Semester von jedem individuell geschrieben werden sollen und das Semester-Projekt ist eine praktische Programmier-Aufgabe, die in Gruppen von 2 – 4 Leuten bearbeitet werden.

Das Betrügen oder Abschreiben bei Hausaufgaben, Projekten oder Prüfungen wird hier übrigens ziemlich hart bestraft. Die Richtlinien der Universität besagen, dass ein Täuschungsversuch nicht nur dazu führt, dass man den Kurs nicht besteht, sondern man wird auch gleich von allen anderen Kursen ausgeschlossen, die man gerade belegt. Effektiv verliert man also das gesamte Semester,  was sowohl akademisch wie auch finanziell für viele Studenten verheerend sein dürfte. (Semesterbeitrag ist hier übrigens ~6000€. Der Betrag ist mir *GottSeiDank* durch den Partnervertrag mit der Leibniz Uni erspart geblieben.)

Eine weitere Vorschrift der Uni ist die Anwesenheitspflicht bei mindestens 80% der Veranstaltungen jedes Kurses. Wenn man also mehr als 8 Stunden der Veranstaltungen verpasst, fällt man automatisch durch. Die Anwesenheit wird dabei mit Hilfe einer Smartphone-App kontrolliert. Diese überprüft anhand des Standortes und eines Verifikationscodes, den der Prof zu Beginn der Vorlesung verkündet, ob man an der Vorlesung teilgenommen hat. Das System ist ganz elegant und bisher habe ich noch keine Probleme damit gehabt. 👍

Andere Kurse machen es so, dass es an der Tür jedes Klassenraums einen Scanner gibt, an welchen man seinen Studentenausweis kurz ranhält und damit seine Anwesenheit bestätigt. Für dieses Verfahren muss man seine Anwesenheit sowohl zu Beginn, wie auch am Ende der Vorlesung bestätigen, um sicherzustellen, dass man nicht frühzeitig abgehauen ist. 🤔

 


Notenvergabe

Bei der Notenvergabe gibt es je Kurs sehr unterschiedliche Ansätze. In meinem Programmierkurs ist es bspw. so, dass die Benotung absolut erfolgt und sich wie folgt zusammensetzt:

  • 25% Midterm – Klausur
  • 25% Abschluss – Klausur
  • 25% Hausaufgaben (Reports)
  • 19% Semesterprojekt
  • 6% Mündliche Beteiligung

In anderen (mehr traditionell koreanischen) Kursen ist es aber häufig so, dass die Benotung relativ erfolgt. Das bedeutet, dass die Studenten im Kurs untereinander konkurrieren. Der beste Student bekommt eine perfekte Note und alle andere Studenten werden im Verhältnis zu ihm bewertet. Ich halte dieses System insbesondere für Informatiker sehr gefährlich. Der Stoff ist häufig halt nicht so ganz leicht, aber es gibt eigentlich immer einen Überflieger, der signifikant besser ist als alle anderen. Bei einer relativen Bewertung würde ein solcher Student die Noten aller anderen Studenten massiv herunterziehen. 😕

Ich bin ganz froh, dass mir das System erspart bleibt. Mein Prof kommt aus Wien und findet das kompetitive Bewertungssystem selbst nicht sonderlich gut und der Sprachkurs ist (meines Wissens nach) komplett unbenotet.

 


Das sind so die interessanten Eckpunkte der Organisation an den koreanischen Unis, die sich vom deutschen System etwas abheben. Wie immer, vielen Dank für’s Lesen. Nächste Woche werde ich sowohl einen Post zu meinem Studentenwohnheim machen, wie auch die Gallerie mit aktuellen Bildern versorgen. 👍 Freut euch drauf 😉

3 Antworten auf „Das koreanische Universitätssystem

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  1. Hallo Marcel,
    Es ist schon sehr interessant was du hier in deinem Blog alles so ausführlich berichtest.
    Das macht das, für einen Laien wie mich, doch sehr verständlich. Ich werde auch weiterhin deinen Block verfolgen und mal schauen was du noch so alles zu berichten hast. 😉 Wünsche dir weiterhin viel Erfolg auf deiner Reise und bleib Gesund.
    LG Sascha und Sina

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  2. Ich freu mich total drauf- und Deine Großeltern natürlich auch !!!!!
    Mich als Lehrkraft hat die ganze Organisation mega interessiert! Vielleicht kann ich ja etwas mitnehmen in unseren Sculalltag!!!
    Lg und weiterhin viel Spaß 👍👍👍

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